Grund- und Hypothekenbuch

Wie auch in anderen Fällen scheinen die Könige von Preußen das Hypothekenwesen auf ihren Domänen getestet zu haben, bevor es als Gesetz für ganz Preußen verbindlich wurde. Die neu zu schaffenden Grund- und Hypothekenbücher sollten die erforderliche Rechtssicherheit auch auf dem Land gewährleisten. Gedacht waren sie vermutlich als Voraussetzung für die Bauernbefreiung und als eine Möglichkeit zur Erhöhung der Staatseinnahmen u.a. infolge eines zunehmenden, gebührenpflichtigen Grundstückhandels.

Zu diesem Zweck gab es mehrere Verordnungen:

  • Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesamten Königlichen Staaten v. 20. Dezember 1783 (als formelles Hypothekenrecht).
  • Allgemeines Landrecht v. 5. Februar 1794 (als materielles Hypothekenrecht, das Inhalt, Entstehung, Änderung und Aufhebung der Rechte an Grundstücken regelt).
  • Edikt vom 9. Oktober 1807, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigenthums so wie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend.
  • Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872.
  • Wegen Einführung des Hypotheken-Wesens im hiesigen Amte (Bublitz) und Auferlegung eines Grund- und Hypothekenbuches, 1771.

Amtsgericht Bublitz II/362

In Bischofthum gab es anfangs zwei Grundbücher: das Grundbuch von Bischofthum und das Grundbuch von Bischofthum-Bude. Diese Grundbücher liegen für Bischofthum nicht vor, wohl aber einige Grundakten. Eine Grundakte ist eine speziell angelegte Akte parallel zum Grundbuch. Sie enthält alle Urkunden und Dokumente, die mit einem dazugehörigen Grundbuch eines bestimmten Grundstückes in Verbindung stehen. Das sind unter anderem Erbscheine, Notarverträge, Eintragungs- und Löschungsanträge, Vollmachten, Teilungserklärungen und Gerichtsurteile.

  • Vor Einführung des Grund- und Hypothekenbuches im Amte Bublitz wurden Landkontrakte (Kauf- und Erbverträge) im Allgemeinen in Anwesenheit des Dorfschulzen und von Rathsmännern verhandelt und aufgesetzt und in dreifacher Ausführung wortgleich und von gleicher Hand als Copia A, B und C etwa beim Käufer, Verkäufer und Dorfschulzen (in der Dorflade) hinterlegt. Bei Erbrezessen mit Minderjährigen erhielten die beiden Vormünder und der Dorfschulze je eine Kopie. Jede Abschrift war auch allein beweiskräftig bei etwaigem Verlust der anderen Kopien.

    Diese alten Landkontrakte sind manchmal in den Beilage-Akten zu finden als Copia vidimata (beglaubigte Abschrift) und vom Justiz-Actuarius beglaubigt (in fidem attestiret).

  • 1771 erfolgte die Einführung des Hypothekenwesens im hiesigen Amte und Auferlegung eines Grund- und Hypothekenbuches. Die Grundbesitzer wurden aufgefordert, ihre Ansprüche geltend zu machen:

    Als bei der vorgewesenen neuen Justiz-Einrichtung sich gefunden, daß bey hiesigem Amte noch nicht ein Grund- und Hypotheken-Buch angeschaffet, weshalb wir alle Besizer der in hiesigem Amte belegenen Lehn- und erblichen Grund-Stücke Titulum possessionis durch Producierung derer vorhandenen Documentoram dociren laßen, und damit die Titulus possessionis von einem jeden Grund-Stück in dem neuen Grund und Hypotheken-Buch kann berichtiget werden. So haben wir Termini zur gerichtlichen Ver- und Ablaßung sämtlicher im hiesigen Amte belegenen Frey- und Lehn-Schulzen-Gerechte, Erb- und Lehn-Krüge und Mühlen ingleichen aller anderen erblichen Grund-Stücke auf den 25ten Jan., 27ten Febr., und 11ten April 1772 praefigiret, und werden alle und iede, so an den Besitzern ein oder anderer Grund-Stück ex quocumque capite ein Recht oder Anforderung zu haben vermögen, hierdurch citiret und vorgeladen in dictus Terminus ihr Recht vor hiesigem Justitz-Amte gehörig an- und aus geführen; diejenigen aber, so sich nicht melden, haben sich hiernächst selbst beizumeßen, wenn selbige nicht weiter gehöret, sondern mit einem ewigen Stilschweigen beleget, und auf diejenigen Besitzer der Titulus possessionis in dem neuen Grund- und Hypotheken-Buch dirigiret wird.

    Amtsgericht Bublitz II/362

    Bereits bevor die Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesamten Königlichen Staaten vom 20. Dezember 1783 erlassen wurde und die Rechtsgrundlage für die Anlage und Führung der Grundbücher im Königreich Preußen bildete, legte das Domänen-Justiz-Amt Bublitz das Grundbuch an und war bis 1802 das zuständige Amt. Nach dem Domänen-Justiz-Amt führten das Land- und Stadt-Gericht (1802-1849) und von 1849 bis 1879 das Kreisgericht das Grundbuch.

  • Nachweislich wurden 1782 Verhandlungen zu Grundstücken vor dem Amt Bublitz in Anwesenheit der beteiligten Parteien, einem Justizbeamten, dem Justiz-Actuarius und zwei Gerichtsmännern geführt.

    Amtsgericht Bublitz I/74_1782+07+02

    In Bublitz existierte also ein Domänen-Justiz-Amt bevor diese Ämter offiziell 1783 eingeführt wurden.

    Bei Landkontrakten wurden schreibunkundige Parteien (Comparenten) – meist Ehefrauen – durch schreibkundige Männer der Nachbarschaft in curatorischer assistence oder mit Beystand vertreten.
    Wer schreiben konnte oder nicht, ist an der Unterschrift oder den Handzeichen xxx zu erkennen. Da einige der Bauern im Schreiben ungeübt waren, machten sie, obwohl sie schreiben konnten, ihre drei Kreuze.

    Adalbert Goertz

  • Erst 12 Jahre nach der Einführung des Hypotheken-Wesens auf der Königlichen Domäne Bublitz wurde die Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesamten Königlichen Staaten erlassen, die nun auch die übrigen königlichen Amtsdörfer mit jeweils neu zu schaffenden Domänen-Justiz-Ämtern einbezog. Die Gerichts-Bezirke waren identisch mit den Domänen-Amtsbezirken. Um 1810 wurden diese Akten auch für die adligen Güter und deren Pächter vorgeschrieben.

    Das Grundbuchrecht ist die Gesetz gewordene scholastische Regel Quod non est in actis, non est in mundo (was nicht in den Akten steht, gibt es nicht). Und auch andersherum gilt: Was im Buche steht, ist richtig, zumindest bis das Gegenteil bewiesen ist. Man spricht hier vom öffentlichen Glauben des Grundbuches: wer auf die Richtigkeit der unrichtigen Eintragung vertraut und mit dem Geschäfte macht, der als Eigentümer eingetragen ist, der wird geschützt.

    Wikipedia Grundbuchrecht

    Diese preußische Hypothekenordnung von 1783 vereinheitlichte mit der Einführung eines formgebundenen Hypothekenbuches die bis dahin bestehenden unterschiedlichen Muster der Hypothekenbücher.

    1783–1784 wurde bei jedem Erbpächter ein Gerichtsprotokoll aufgenommen zur Feststellung der Erbbesitzverhältnisse. Dabei wurden festgestellt:

    • Lage, Grenzen und Pertinentien (= Zubehör) des Grundstücks.
    • Besitzer und dessen titulus possessionis unter Vorlage der Kauf- oder Erbkontrakte. Diese Kontrakte wurden als Copia vidimata (beglaubigte Abschriften) bei den Beilageakten geführt und geben manchmal Auskunft über Jahrzehnte der Vergangenheit vor 1783.
    • Wert des Grundstücks.
    • Schulden und Real-Verbindlichkeiten (Onera).

    Nach Aufnahme des Protokolls durch den Actuarius (= Gerichtsschreiber) wurde dem Hof eine Akten-Nummer zugeteilt, die der Besitzer binnen 8 Tagen bei Strafe anzuschaffen und über seinertür anzuschlagen hatte. Diese Nummer war anfangs identisch mit der Nummer in der Praestations-Tabelle.

    Wikipedia Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesamten Königlichen Staaten

    Die Nummern im Hypothekenbuch sollten denen der Prästations-Tabelle von 1783 entsprechen. Diese Tabelle liegt nicht vor, sondern erst die Tabelle von 1825. Etliche nicht übereinstimmende Nummerierungen können mit der zeitlichen Differenz erklärt werden.

    Bisher konnte auch kein Nummerierungsprinzip – chronologisch oder topografisch – erkannt werden, die Nummern der ersten 15 Grundbuchblätter scheinen willkürlich, die nachfolgenden fortlaufend vergeben worden zu sein.

  • In das Hypothekenbuch wurden aufgrund der Erbverschreibung Rubrica II Onera perpetua (ständige Lasten), Einschränkungen des Eigenthums oder der Disposition wie folgt eingetragen:

    No. 1.

    Dreizehn Thaler fünf Groschen zehn Pfenninge Dienstgeldablösungsgeld und Dominialabgaben, ingleichen der übliche Bienenzins für den Stock 46nbsp;gr 1nbsp;Pf Vier Groschen ein Pfenning und der auf den Besitzer dieses Hofes treffenden Theil der Abgaben von dem gegenwärtig in der gemeinschaftlichen Nutzung der Dorfschaft Bischofthum befindlichen wüsten Bauerhofe, welche der Besitzer dieses Hofes nach der von der König. Regierung zu Coeslin unterm 4. September 1828 ertheilten und am 12. Februar 1839 vollzogenen Erbverschreibung seit Trinitatis 1805 jährlich in den gewöhnlichen 4 Terminen an den Domainen-Fiscus zu entrichten hat.

    Eingetragen vi Decreti vom 29. Juni 1839.

    No. 2
    1. Das Obereigenthum des Domainen-Fiscus an diesem Hofe.
    2. das dem Domainen-Fiscus in jedem Veräußerungsfall zustehende Vorkaufsrecht auf die Erbpachtsgerechtigkeit dieses Hofes
    3. das Recht des Domainen-Fiscus zu Burg- und Baudiensten, so wie
    4. zu Diensten bei den Jagden auf schädliche Thiere und bei Löschungsanstalten bei Forstbränden, welche der Besitzer dieses Hofes zu leisten hat.
    5. das Recht des Domainen-Fiscus auf Laudemiumsgelder bei Besitzveränderungen dieses Hofes und zwar
      1. in Erbfällen von Geschwistern des Erblaßers zwei Thaler vom Hundert der Grundtaxe, von entfernten Verwandten oder Testamentserben fünf Thaler vom Hundert der Grundtaxe.
      2. bei Veräußerungen unter Lebendigen zwei Thaler vom Hundert des Kaufpreises.

    Eingetragen auf Grund der Erbverschreibung vom 4. September 1838, vollzogen den 12, Februar 1839, vi Decreti vom 29. Juni 1839.

    No. 3.
    1. Von diesem Hofe soll durch das Dominium- und Justiz-Amt eine mäßige Grundtaxe aufgenommen und in das Hypothekenbuch eingetragen werden.
    2. nur auf 2/3 dieser Grundtaxe darf der Hof verschuldet werden.
    3. zum Naturalbesitz des Hofes kann in Erbfällen von etwaigen mehren Erben des Erbpächters nur Einer gelangen.
    4. wenn der Erblasser einen Preis oder eine Erbtaxe bestimmt, für welche dieser Erbe den Hof übernehmen soll, so darf diese den Betrag der oben rub a gedachten Grundtaxe nicht überschreiten.
    5. hat der Erblasser keine solche Erbtaxe festgestellt, so muss der Hof mit sämmtlichen Zubehörungen dem neuen Wirth gegen die ein für allemal auf 2/3 des Betrags der Grundtaxe festgesetzten Erbtaxe übergeben werden.
    6. Zwischen mehreren gleichberechtigten Erben des verstorbenen Wirthes entscheidet für den Naturalbesitz des Hofes die Festsetzung der Aeltern, und in deren Ermangelung die auf persönliche mehre Tüchtigkeit gegründete Auswahl des Amts.

    Eingetragen auf Grund der Erbverschreibung vom 4. September 1838, vollzogen den 12. Februar 1839, vi Decreti vom 29. Juni 1839. absque Documento (ohne Urkunde) …

    Hier wurde noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass der Domänen-Fiskus das Obereigentum an den Grundstücken hatte.

  • Am 10. Nov. 1852 wurden die Einschränkungen nach No. 2 a. d. e. und No. 3 gelöscht und das Obereigentum des Domänen-Fiskus endete. Damit waren die Bischofthumer Bauern uneingeschränkte Eigentümer ihrer Grundstücke.

    Im Zusammenhang mit dem Rezess über die Ablösung von Abgaben am 18.11.1852 bemerkt das Amt Bublitz …

    … dass mehrere Hyp. No. verschrieben sind und wir dieselben im Receße abgeändert haben.

    Amtsgericht Bublitz I/72_1852+11+18

  • Das Allgemeine Landrecht wurde abgelöst von dem Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872. Die Aufgabe der Grundbuchführung wurde durch dieses Gesetz Grundbuchämtern zugeordnet.

    Ab 1879 war das Grundbuchamt dem Amtsgericht unterstellt.

  • Und schließlich galt die Grundbuchordnung vom 24. März 1897.

    Beate Dördelmann Das Grundbuch als Fundgrube
    Wikipedia Grundbuchordnung

  • Mehrere Grundbuchblätter wurden wegen Unübersichtlichkeit geschlossen und für die betreffenden Grundstücke neue Blätter angelegt.

    Diese Grundbücher und Grundakten sollen laut Auskunft des Grundbuchamtes Neustettin (Szczecinek, 2009) nicht mehr vorhanden sein.

Original Verschlussmarke aus Papier – blau, weiß, geprägt – welche von ca. 1850 bis 1945 von Behörden, Firmen und auch Einzelpersonen zum Versiegeln der Briefe benutzt wurde. Man nennt diese Marke auch Siegelmarke. Beim Aufreißen der Briefe wurden die Marken zerstört.